Sonntag, 24. April 2022

Von Eichhörnchen, Webstühlen und gefüllten Osternestern

 

Hallo Leute!

Mir ist gerade aufgefallen, dass mein letzter Eintrag doch schon länger her ist, als ich gedacht hätte. Ich komme mir manchmal vor wie eine Schallplatte mit Sprung, aber es ist noch genauso wahr wie vor einem Monat: Die Zeit hier vergeht so schnell…

Der Monat März hat für uns und unsere Arbeit im Centre viele Veränderungen mit sich gebracht, von denen ich Euch im Folgenden gern erzählen möchte.

Zunächst haben wir Anfang März Fasching mit den Kids gefeiert. Dazu konnten wir Luftballons auf dem Markt kaufen und mit ihnen den Mangobaum auf dem Spielplatz schmücken. Dazu gab es Kinderschminken (das Eichhörnchen war als Motiv der absolute Renner😊) und Musik. Obwohl Sarah und ich die ganze Zeit mit Schminken beschäftigt waren, konnte ich die gute Stimmung unserer kleinen Faschingsparty sehr genießen. Am nächsten Tag starteten wir dann noch ein kleines Experiment, was erstaunlich lecker wurde: Kräbbel, eine Art Berliner aus dem Rheinland. Das Rezept kannte Sarah noch von Zuhause und ein wenig abgewandelt konnten wir den Kindern damit eine süße Freude bereiten- inklusive Spaß bei der Zubereitung!

 


Die Faschingsparty in vollem Gange
mit Bossé im Vordergrund


Spaß bei der Kräbbelzubereitung
mit Joséphine und Herman (hinten)

In den nächsten Tagen setzten wir uns dann mit dem Personal des Centres zusammen, um eine Art Wochenplan zu erstellen. Dieser sollte den Mitarbeiter*innen und uns dabei helfen, die schulische Betreuung der Kids besser zu planen. Zusammen sprachen wir Zeiträume ab, in denen die Kinder neben der Hausarbeit und Pausen frei fürs Lernen, aber auch Spielen sind. Am Anfang war es ziemlich schwierig, diesen Plan ins Rollen zu bekommen. Ich meine, versuche man sich vorzustellen, das Leben von so vielen Kindern auf die Stunde genau durchtakten zu müssen. Absolut unmöglich! Dazu können viel zu viele unerwartete Dinge passieren. Aber das war auch gar nicht unser aller Anspruch! Ich war erstmal sehr froh darüber, dass jeder vom Personal sowie auch wir Ideen einbringen konnten und gemeinsam eine Lösung gefunden wurde.

Seitdem machen wir in der Schulzeit jeden Abend (außer mittwochs) „lecon“, also quasi die Wiederholung des Unterrichtsstoffes für den darauffolgenden Tag. Weil an diesen beiden Tagen etwas mehr Zeit ist, lernen wir mit einigen Kindern am Mittwochnachmittag und Samstagmorgen Lesen und Schreiben, unsere sogenannte „étude“. Dazu haben wir die Kids je nach Lernstandniveau in vier Gruppen mit Tiernamen eingeteilt. Die Schnecken bilden den Anfang, danach folgen die Fische und Schmetterlinge und das Ende bilden die Eichhörnchen. Erst dachten wir, das wäre ein bisschen komisch, aber die Kinder finden ihre Tiere echt cool und es ist schon zu einer Art Identifikation für sie geworden. Besonders hilfreich ist bei der „étude“, dass wir sie unter dem Empfang entspannt und ohne viel Lärm drumherum machen können. Auch die Tafel vom Tischler in der Nähe, die uns am Anfang ein paar Schwierigkeiten bereitet hat (die Farbe hat nicht gehalten und man war nach jeder Stunde grün an den Händen), leistet uns nun gute Dienste. Damit das Ganze auch in einer ordentlichen Lernatmosphäre stattfinden kann, haben wir mit den Kids vor der Umsetzung des Wochenplanes noch Regeln für die „lecon“ und „étude“ aufgestellt, die jede*r gewissenhaft unterzeichnet hat😊.

Die Regeln werden gesammelt
und aufgeschrieben

Obwohl ich ja schon gesagt habe, dass so ein Plan natürlich nicht wirklich 100%ig eingehalten werden kann, freue ich mich sehr, dass sich im Alltag der Woche doch eine gewisse Routine eingestellt hat. Vor allem bin ich aber froh, dass die Kids die Lernzeiten auch als solche akzeptieren und (natürlich manchmal mehr und manchmal weniger) mit Spaß dabei sind.

Zeit für die erste "étude": Hier gerade mit den Eichhörnchen
(v.u.n.ob.: Bossè, Elysée und Christoph)

 

Fatima schreibt auf besagter Tafel

Diese Routine mussten wir vor den Osterferien allerdings noch einmal durchbrechen, weil wir unsere lang ersehnte Reise in den Norden antreten wollten. Da die Kinder in den Ferien die ganze Zeit im Centre verbringen, sind wir angehalten, unseren Urlaub in die Schulzeit zu legen. Das hatten wir auch alles schon einkalkuliert und so geplant, dass wir unsere Vorfreiwillige bei ihrem Praktikum dort oben besuchen konnten. Leider ging es Sarah dann durch eine Nasennebenhöhlenentzündung nicht gut und wir mussten die Reisevorbereitungen erstmal auf Eis legen. Aber wie heißt es so schön: Aufgeschoben ist ja nicht gleich aufgehoben…

Eine Woche später als geplant konnten wir gesund und munter in den Norden Benins starten. Unser erstes Ziel war Parakou, eine Universitätsstadt mit bewegter Nachtszene. Da wir gegen Spätnachmittag ankamen und am nächsten Tag gleich weiterwollten, hatten wir nicht allzu viel Zeit vor Ort. Dennoch nutzten wir die Gelegenheit, um den riesigen Markt zu bewundern oder durch die weitläufig asphaltierten Straßen zu laufen. Von Parakou aus ging es in das eine Stunde entfernte Dorf Goro, in welchem wir zwei Freiwillige einer anderen deutschen Entsendeorganisation (von den beiden Mädchen habe ich schon in meinem Post über das Zwischenseminar erzählt) besucht haben. Es war ganz anders, mal ein beninisches Dorf zu sehen, wenn man vorher immer nur die großen „Touristädte“ (Pobè mal ausgenommen) gesehen hat. Während unserer zwei Tage dort durften wir beim Töpfern und der Sojakäseherstellung zuschauen und einen nahegelegenen Berg besteigen. Das hat sehr viel Spaß gemacht, wenngleich die Mädels viel von einigen Problemen erzählten, mit denen sie in ihrer Einsatzstelle zu kämpfen haben. Das zu hören war schade, weil sie sich an sich dort sehr wohlfühlen, nur der Alltag halt immer wieder Schwierigkeiten mit sich bringt. 


In die erhitzte Sojamilch (wird aus der Masse von zuvor eingeweichten
und dann gemahlenen Sojabohnen ausgepresst) kommt Akassa(fermentierter Maisbrei)-Saft,
welcher als Lab dient

Als Nächstes fällt der Rohkäse aus

Dieser wird durch nochmal umgefüllt und ausgepresst.

Der Sojakäse wird geschnitten und dann frittiert. Aber auch in
der hier abgebildetetn Form kann man ihn schon essen😋

Töpfern von Hand als vererbtes Kunsthandwerk im Dorf

 
Wir mit Merle (l.) und Clara(r.) vor einer
wunderschönen Hügelkulisse

Unsere nächste Station war dann Natitingou im Nordwesten von Benin, welches wir mit dem Bus von Parakou aus in 5 Stunden erreicht hatten. Dort konnten wir bei einer anderen Freiwilligen unserer Entsendeorganisation unterkommen. Sie lebt ähnlich wie wir auf dem Hof ihrer Einsatzstelle, einem Webausbildungszentrum für junge Frauen. In den ersten Tagen ging es ihr leider nicht so gut und so spazierten wir allein durch die Stadt, erkundeten den Markt und besuchten die anderen zwei Freiwilligen in ihren Einsatzstellen, einer Grundschule und einem Schneiderinnenausbildungszentrum. Es war sehr interessant zu sehen, wie unterschiedlich wir alle dann doch leben und arbeiten!
Einen ganz besonderen Ausflug durften wir aber schon an unserem ersten Tag vor Ort unternehmen, als wir zu den nahe gelegenen Wasserfällen von Kota fuhren. Die Atmosphäre war sehr beruhigend und das Schwimmen im kühlen Wasser hat sehr viel Spaß gemacht. Allgemein fand ich die hügelige Landschaft von Natitingou sehr schön und war vor allem von der doch sehr modernen Infrastruktur (Supermärkte, asphaltierte Hauptstraßen, ein neues Marktgebäude, …) fasziniert- vor allem, weil Pobè dagegen doch eher dörflich wirkt. Aber auch wenn es viele Dinge gab, die ich bei den anderen Freiwilligen irgendwie „cooler“ fand, habe ich aus diesem Urlaub vor allem eines mitgenommen:
Auf den zweiten Blick ist dann doch gar nicht alles „besser“ (eh ein sehr limitiertes Wort zur Bewertung von so komplexen Zusammenhängen), sondern auch in den anderen Einsatzstellen hatte jede mit ihren Herausforderungen auf der Arbeit oder im Alltag zu kämpfen. Ich habe so gelernt, die Vorzüge meiner Einsatzstelle so mehr wertzuschätzen und zu akzeptieren, dass diese Herausforderungen einfach in unserem Dienst dazugehören und das Potenzial haben, an ihnen zu wachsen.


Sarah und ich winken unterm Wasserfall hervor👋


Aussicht von einem der Hügel in Natitingou

 

Auch ich durfte mal an den Webstuhl😄

 

Nun gehen heute die zweiwöchigen Osterferien der Kids zu Ende. Das ist natürlich auch hier immer ein wenig schade, wenn das Ausschlafen und Spielen in der Ferienzeit dem Alltag mit Frühaufstehen und Schulaufgaben weichen muss. Dennoch blicke ich mit Freude auf die Osterfeiertage zurück und bin sehr glücklich über den Spaß, den die Kids zusammen mit uns bei den geplanten Osteraktionen hatten. Am Donnerstag gab es zum Beispiel Schokoküchlein. Da wir im Centre keinen Ofen haben, garten wir den Teig über Wasserdampf- ähnlich wie Hefeklöße. Ich war sehr überrascht davon, wie gut das funktioniert hat und wie lecker die Küchlein am Ende waren!

 

Marie, Bossè, Joséphine, Charlotte, Sarah und
Alice (v.l.n.r.) beim Teig einfüllen

Unser improvisierter Ofen

Wie immer freue ich mich auch über Eure Fragen und hoffe, Ihr hattet alle schöne Osterfeiertage und einen guten Start in den Arbeitsalltag!

Ganz liebe Grüße aus Benin und Odabo!👋


Montag, 18. April 2022

Kleiner Ostergruß aus Pobè

 Hey Leute!

Nun habe ich schon wirklich etwas länger nichts mehr von mir hören lassen. Dabei ist wieder so viel passiert in letzter Zeit...

Aber ehrlich gesagt habe ich noch nicht so die Motivation gefunden, mich an meinen Laptop zu setzen und anzufangen, zu tippen. Dazu passieren einfach manchmal zu viele Dinge um mich herum, die man stattdessen machen könnte😅

Ich bin aber dran und möchte mit diesem Post pünktlich zum Ostermontag eine Vorstellung davon geben, wie wir dieses Jahr zusammen hier Ostern gefeiert haben. Denn auch bei uns wurden Eier gefärbt (mit Kurkuma und roten Zwiebelschalen wurden die Farben nicht ganz so intensiv, aber sie glänzten danach schön😁) und im Garten versteckt. Zuvor hatte jedes Kind auch ein Osternest gebastelt und konnte seine Beute dort hineinlegen. Alle hatten sehr viel Spaß beim Suchen und wir viel Spaß beim Zugucken!

In den nächsten Tagen wollen wir noch einen Film mit ihnen gucken und Schokoküchlein über Wasserdampf garen (wir haben hier keinen Ofen). Bin gespannt, wie das wird!☺

Ich hoffe, Ihr hattet alle auch ein schönes Osterfest und könnt die Feiertage mit Euren Liebsten genießen🐣.

Ganz liebe Grüße aus Pobè und bis bald...


...Sagen auch Maridiath, Christine, Timothée...

...Und Santos!👋




Benin ade, ...

Hallo Leute! Nun ist es schon über einen Monat her, dass ich wieder zurück in Deutschland bin und ich kann sagen, es fühlt sich manchmal i...