Freitag, 7. Januar 2022

Von gekochter Apfelschorle, weihnachtlichem Wikingerschach und großen Lebensfragen

È Caro (Guten Morgen) Leute!

Nun ist es wirklich schon ein bisschen länger her, dass ich etwas von mir hören lasse. Im vergangenen Monat war sehr viel los, sodass es selten ruhige Momente zum Schreiben gab (zugegeben: es ist auch immer eine kleine Überwindung, mich an den Laptop zu setzen😊).


Doch auch eben weil so viel passiert ist und sich einige fleißige Leser schon auf meinen neuen Blogeintrag freuen (danke für das Interesse an dieser Stelle!!!), möchte ich Euch im Folgenden ein kleines Update aus Pobè geben. Man neigt hier schnell dazu, seinen Leuten zu Hause ALLES erzählen zu wollen, um das bestmögliche Bild von der Einsatzstelle, den Menschen vor Ort und der Kultur zu zeichnen. Da das aber natürlich für diese wenigen Zeilen eine echt große Aufgabe ist, werde ich mich wohl oder übel auf das wichtigste (oder das, was hängen geblieben ist😊) beschränken müssen…

Doch bevor ich starte: Ich hoffe von Herzen, Ihr hattet alle wunderschöne (weiße) Weihnachten, die Ihr im Kreise Euer Liebsten gemütlich verbringen konntet. Außerdem wünsche ich Euch nachträglich einen guten Rutsch ins neue Jahr 2022, welches hoffentlich viele neue Dinge für Euch bereithält!

 

Weihnachtsbaum, Vogel-mobile
und Weihnachtsdeko im Salon

Ich war nie so wirklich ein Mensch von guten Vorsätzen für das neue Jahr. Die sind bei mir eh immer schief gegangen und hatten für mich immer viel von Zwang und Verpflichtung; daher halte ich nicht so viel davon. Wenn ich dieses Jahr allerdings einen Wunsch auf einen Zettel hätte schreiben müssen, wäre es folgender gewesen: meinen Weg finden. Für viele mag das jetzt sehr vage klingen, aber für mich haben diese drei Worte in den letzten Wochen irgendwie an Bedeutung gewonnen. Warum ist das so? Damit Ihr meine Situation ein bisschen besser nachvollziehen könnt, müsste ich dazu vielleicht ein wenig weiter vorne beginnen…

An die Wochen vor Weihnachten kann ich mich ehrlich gesagt gar nicht so gut erinnern. Das mag daran liegen, dass die Tage relativ gleichförmig und ohne besondere Ereignisse verliefen: Kinder zur Schule bringen, unser Zeug wie Haushalt oder Berichte erledigen, Kinder von der Schule abholen und abends Lektionen mit ihnen wiederholen. Eine Besonderheit im Dezember war allerdings der Adventskalender, den wir den Kids gebastelt hatten. Jeden Abend durfte eins (oder manchmal zwei) von ihnen einen Socken mit einer Süßigkeit und einem Zettel öffnen. Auf letzterem stand jeweils ein Teil der Weihnachtsgeschichte „Ein großer Tag für Vater Martin“, die wir ins Französische übersetzt hatten. Auch wenn der Bonbon meistens interessanter war als die Geschichte, konnten wir doch ein paar Kids damit catchen.

Am vierten Adventswochenende bekamen wir dann noch einmal Besuch von unseren Mitfreiwilligen aus Porto-Novo (Emma und Salomé) und Natitingou (Selma). Zusammen waren wir in einer Art Forschungszentrum für Palmöl und konnten dort ein schönes Picknick machen. Der Ausflug und der Austausch mit den anderen hat uns gutgetan und war nochmal entspannend, bevor dann die doch recht stressige Vorweihnachtszeit losging.

 

Am 22. Dezember war dann der letzte Schultag der Kids und anstatt sich auszuruhen (mittlerweile kränkelten alle ein wenig mit Husten und Schnupfen), standen einige Verpflichtungen auf dem Plan, darunter Chorprobe für den Weihnachtsgottesdienst, Friseur für eine schicke Frisur und die Begrüßung vieler Gäste mit Tanz & Gesang. Zur Weihnachtszeit interessieren sich nämlich, so wurde es uns erklärt, viele (wohlhabende) Menschen oder auch gemeinnützige Organisationen für die Kinder und die ONG; ähnlich wie in Deutschland, wo es am Ende des Jahres viele Spendenkampagnen gibt. Die Geschenke der Gäste waren dann auch mehr für die ONG an sich und die Essensversorgung der Kids gedacht. Es gab unter anderem große Säcke mit Couscous, Reis oder viele Päckchen Nudeln. Umso mehr ein Grund, warum sich die Kinder über unser Geschenk am 25.12 vielleicht ein wenig mehr freuten: ein Wikingerschach (Kubb)- Spiel, mit dem sie am nächsten Tag auch gleich spielen wollten. 

 

Besuch von einer Initiative, die sich
mit den Nachhaltigkeitszielen beschäftigt

Der Heiligabend war auch ziemlich vollgepackt. Zunächst ging ich (Sarah war am Abend mit einer Art grippalem Infekt mit Fieber erkrankt) mit den Kids zum Sozialzentrum der Stadt, in dem jedes Jahr zu Weihnachten die Bürgermeisterin einen Weihnachtsmann organisiert, der den Kids von ihr gesponsorte Geschenke überreicht. Das war sehr interessant mit anzuschauen, wenngleich es irgendwie komisch war, dass der Weihnachtsmann weiß war. Am Abend ging es dann zur Messe, die diesmal ein wenig interessanter war. Es wurde mehr getanzt und die Kids haben viele Sachen vorgeführt! Insgesamt ging das ganze bis 1h30, weshalb ich danach eigentlich nur noch müde ins Bett fallen konnte. Am ersten Weihnachtstag gab es dann das Geschenk unterm Weihnachtsbaum und es wurde zusammen gegessen und Limonade getrunken. Nachmittags sind Sarah und ich dann ins Krankenhaus, um eine mögliche Malariaerkrankung auszuschließen (der Test war negativ😊). Es war ein bisschen seltsam, Weihnachten ins Krankenhaus zu fahren, aber seltsamerweise habe ich die Ruhe dort sehr genossen, während zu Hause ziemlich viel los war. Am Abend kochten wir dann mit den Kindern Kinderpunsch (mit Apfelschorle und Hibiskustee, Zimtstangen, Nelken und Orangen), der viel Begeisterung auslöste.

 !!!Hier noch ein kleiner Einschub meinerseits, und zwar was die Geschenke der Kids angeht. Mit dem Spiel und dem Punsch haben wir uns wirklich Mühe gegeben, kreativ zu sein. Ihr müsst wissen, dass Sarah und ich hier nicht die ersten Freiwilligen sind. Die „Generationen“ vor uns haben auch schon viele Dinge mit den Kindern gemacht und somit ist es also nur natürlich, dass sich im Laufe der Jahre gewisse Erwartungen und Ansprüche entwickelt haben, die nun irgendwo auch wir erfüllen mussten. Diese äußerten die Kids auch, indem sie uns fragten, wann sie Geschenke bekommen oder ob wir das Gleiche wie die anderen „Tatas“ mit Ihnen machen. Diese Fragen trugen zum vorweihnachtlichen Stress bei. Ohne den Fakt zu ignorieren, dass vor uns schon Freiwillige in unserer Einsatzstelle waren, haben wir versucht, die Erwartungen anzuhören und einen Mittelweg zwischen alten Aktionen und Dinge, auf die wir Lust hatten, zu finden!!!

 

Der Weihnachtsmann übergibt Santos sein Geschenk
(rechts sieht man unseren Mentor)

Die Kirche ist geschmückt...

Die Mädels tanzen ausgelassen


Mein Outfit für die Heiligabend-Messe

 

Am 26.12. gingen die Kinder wieder zur Kirche; es war schließlich Sonntag. Ich nutzte die Zeit zum Wäsche waschen und Sarah zum Sich ausruhen. Nach dem ganzen Trubel mussten die Kids und wir uns erstmal eine Runde Ausschlafen und bis Silvester war dann eher Chillen angesagt. Das neue Jahr wurde hier wieder in der Kirche begonnen und auch wenn die Messe ein wenig unspektakulärer als zu Weihnachten gefeiert wurde, war um 0h feierlich 2022 zu bejubeln echt cool! Danach passierte dann aber nicht mehr so viel und Sarah und ich nutzten die Ruhe, um unseren Start in das Jahr mit ein paar Folgen einer Serie zu feiern und die Nacht so auf unsere Art ein wenig „durchzumachen“.

 

Im Großen und Ganzen kann ich also sagen, dass ich ein schönes, aber ziemlich anderes Weihnachten hier in Pobè verbringen durfte. Vor allem hat mir ein wenig der Gemütlichkeitsaspekt gefehlt. Das lag unter anderem an der Hitze, bei der es sich echt schwer in Weihnachtsstimmung kommen lässt, aber auch an der Krankheit von Sarah. Es war ein wenig schwer, ihr dabei zuzusehen, wie sie den ganzen Tag eigentlich nichts machen konnte außer rumzuliegen. Hinzu kommt, dass wir beide zum ersten Mal so weit weg von unseren Familien Weihnachten verbracht haben. Ein wenig hat uns das schon runtergezogen und offen gesagt kann man diese Phase als einen kleinen Dämpfer unserer Zeit hier bezeichnen. Das gehört aber dazu, so wurde uns im Vorbereitungsseminar auch erklärt, dass die Honeymoon-Phase (alles ist neu und cool) irgendwann vorbeigeht.

 

nächtliche Puddingaktion mit Marie,
Timothée, Charlotte und Sarah (l.n.r.)

Sarah geht es jetzt aber viel besser und wir haben beschlossen, die letzten Wochen ein wenig hinter uns zu lassen und die Phase als Teil unseres Lernprozesses (jede Erfahrung ist wertvoll!) hier vor Ort zu akzeptieren. Das klappt ganz gut und nachdem ich in diesem Bericht nochmal alles für Euch aufgerollt habe, wäre das dann endgültig geschafft!

Ich möchte nun nach vorne schauen und lernen, mit den Ansprüchen an mich und an das FSJ sowie allgemein mit diesem Jahr hier umzugehen. Denn auch in den letzten Wochen kamen viele Fragen auf, die ich erstmal ein wenig für mich klären muss und die ich auch mit Sarah schon viel besprochen habe: Was ist unsere Rolle hier vor Ort; was unsere Pflichten& Aufgaben und was unsere Freiheiten? Wie gehen wir mit den Ansprüchen der Leute an uns und unseren Dienst um? Möchten wir unser Jahr hier verlängern? Was möchte ich hiernach machen?

Besonders die letzten beiden Fragen beschäftigen mich in letzter Zeit immer wieder und lassen mich oft ein wenig verzweifeln. Da hilft es, mit Sarah eine gute Gesprächspartnerin zu haben und sich ansonsten konkrete Aufgaben zu suchen. Da tut mir vor allem die Arbeit mit den Kindern gut. Seit Sonntag machen wir wieder ein wenig Schule mit ihnen und seit gestern begleiten wir sie auch wieder auf ihrem Schulweg. Sie machen wirklich Fortschritte und besonders ein Mädchen ist sehr motiviert und liest mir seit einigen Tagen jeden Abend etwas aus dem „Petit Nicolas“ vor. Das finde ich echt beeindruckend und freue mich über jeden Fortschritt, den sie macht!

Diesen Bericht schreibe ich im Internetcafé von Pobè, in dem ich schon einmal einen Film für die Kids heruntergeladen habe. Heute Abend soll es dann „Madagaskar“ geben und auch wir freuen uns schon darauf😊.

Wir haben jetzt Strom: Das erste Mal zu Hause
Laptop laden musste festgehalten werden.
 

Jetzt fahre ich erstmal nach Hause und bereite mit Sarah noch ein paar Dinge vor. Oder ich ruhe mich noch ein bisschen aus, denn das Wochenende wird spannend! Am Sonntag möchte der Mentor mit uns ein spectacle in der Stadt besuchen und am Montag, dem Voodoo-Feiertag, geht es mit dem Buchhalter und anderen Freiwilligen aus Porto-Novo, Cotonou und Natitingou nach Ouidah zum Voodoo-Festival! Bin schon ganz gespannt, wie das wird!

Jetzt wünsche ich Euch allen aber erstmal ein wunderschönes und erholsames Wochenende! 

Odabo à toutes et à tous !

Clara

PS: Wenn Euch interessiert, was ich zum Thema Weihnachten den Schüler*Innen des ISG Rostock erzählt habe, schaut doch gerne hier vorbei: 

https://www.instagram.com/tv/CYZuVvBIOm5/?utm_medium=copy_link

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